Zum Inhalt springen
Französische Meisterschaften Cagnes Sul Mer

Vergangenes Wochenende fanden in Cagnes Sul Mer, einem kleinen Ort bei Nizza, die französischen Meisterschaften über die Mitteldistanz statt. Da die PTO (Professional Triathletes Organisation) das Rennen ebenfalls ausschrieb, standen neben einigen französischen Triathleten auch internationale Athleten am Start, die um wichtige PTO-Punkte kämpfen wollten. Nach meiner verletzungsbedingten Absage in St. Pölten, entschloss ich mich bei diesem Rennen an den Start zu gehen. Ich fühle mich in der Gegend um Nizza sehr wohl, habe dort bereits einige Trainingslager verbracht, kenne mich gut aus und so freute ich mich mit Joel sehr auf die Tage an der Cote d’Azur und das Rennen. 

Die Tage vor dem Rennen verliefen gut, ich fühlte mich gut vorbereitet, hatte die anspruchsvolle Radstrecke (1700 Höhenmeter) ausgiebig inspiziert und hatte mir für das Rennen zwei Dinge vorgenommen: nämlich Spaß zu haben und nicht aufzugeben, wenn etwas vielleicht nicht wie geplant läuft. Ein bisschen so wie Anne Haug es nach ihrem Sieg in St. Pölten im Interview gesagt hat, kein Rennen ist perfekt, aber es kommt darauf an, was man daraus macht.  

(am Vortag noch schnell ohne Neo ins Meer)

Pünktlich um 7 Uhr fiel der Startschuss für die Profis – Frauen und Männer gemeinsam. Wie die ersten 150m aussahen, muss ich den Triathleten unter euch vermutlich nicht erklären. Im Nachhinein fand ich den gemeinsamen Start gegenüber einem fairen Frauenrennen auch nicht besonders gut gelöst. Nach der ersten Boje (ca. 300m) wurde es dann etwas ruhiger und alle sortierten sich etwas. Neben mir erkannte ich auch ein bekanntes Gesicht – die Niederländerin Tessa Kortekaas, mit der ich in Dubai schon geschwommen bin. Nach der ruppigen Anfangsphase tat das ziemlich gut. Nach 30min war das Schwimmen dann beendet und ich lag gar nicht schlecht. Zwar knapp drei Minuten hinter der Spitze, aber nur wenige Sekunden hinter einer Gruppe Profiathletinnen. Mit einem schnellen Wechsel hatte ich eine gute Ausgangsposition, um auf dem Rad Boden gut zu machen. 

Die ersten 35km der Radstrecke sind fast ausschließlich bergan: zu Beginn wellig bevor es dann in den gleichmäßigen langen Anstieg zum Col de Vence geht. Ich fühlte mich von Beginn an gut und versuchte möglichst gleichmäßig über die ersten kurzen Anstiege zu fahren, um nicht zu viel Energie zu vergeuden. Schon bei diesen Anstiegen wunderte ich mich, dass ich verglichen mit meinen Trainingsfahrten häufig meinen kleinsten Gang benötigte und von vielen Altersklassenathleten, die kurz nach uns gestartet waren, eingeholt wurde, obwohl ich laut meinem Wattmesser sehr gut unterwegs war. 

Am Col de Vence konnte ich zwei meiner Konkurrentinnen einholen, wunderte ich aber wieder, dass jede Menge Athleten an mir vorbeiflogen, während ich neue (Mitteldistanz) Wattbestwerte fuhr. Circa 2km vor dem Gipfel fuhr ich rechts ran und stieg vom Rad, hob mein Hinterrad an und wollte das Rad drehen. Normalerweise genügt ein Schubs und das Rad dreht sich von alleine, bei mir hat das Rad nicht einmal eine Umrundung geschafft, bevor es wieder zum Stillstand kam. Die Hinterradbremse war im ständigen Kontakt mit dem Laufrad. 

Dass die Bremsen schleifen, ist (leider) kein unbekanntes Problem, aber Joel und ich (mehr Joel als ich) haben in den Tagen vor dem Rennen viel Zeit aufgewandt, um die Bremse richtig einzustellen und in den letzten drei Trainingsausfahrten, die ich im vollen Race-Set-up gemacht habe, sowie auf dem Weg in die Wechselzone lief es perfekt. Was genau zwischen Check-In und Col de Vence passiert ist, kann ich mir nicht erklären. Im ersten Moment blieb ich ruhig, was mich ehrlich gesagt selbst etwas erstaunte. Ich nahm das Hinterrad raus und steckte es wieder hinein in der Hoffnung, dass das Rad nun mittig zwischen beiden Bremsbelägen war. Leider brachte das nichts. Ohne Werkzeug und ohne fremde Hilfe (eine Schiedsrichterin gesellte sich zu mir, um sicherzugehen, dass ich keine externe Hilfe bekomme) machte sich langsam Verzweiflung bereit. Ich fuhr ein paar Meter weiter, konnte die Schiedsrichterin „abschütteln“ und bekam von einem Zuschauer ein Minitool ausgeliehen. Es entspricht nicht den Regeln, aber in dem Moment hatte ich eine vordere Platzierung bereits aufgegeben (mein Stopp hat knapp fünfzehn Minuten gekostet) und für mich ging es mehr darum, ob ich das Rennen fortsetzen kann oder zumindest selbstständig mit dem Rad irgendwohin fahren kann, wo man mich abholt. Bereits 2018 habe ich ewig am Col de Vence verbracht, um auf ein Transportmittel zu warten und das wollte ich mir in jedem Fall ersparen. 

Anstatt, dass ich nun das Problem mit meiner Hinterradbremse löste, machte ich es leider eher schlimmer, indem ich den Bremsbelag am Hinterrad abmontierte. Nachdem ich den Rest des Col de Vence hochgefahren bin und die Abfahrt begonnen habe, habe ich gemerkt, dass das eine wirklich saudumme Idee war. Ich hielt wieder an, bat einen Zuschauer am Streckenrand sein Telefon zu benutzen und informierte Joel, dass ich das Rennen nicht beenden werde.

Ich war sehr enttäuscht, frustriert und habe mich für meine offensichtlich nicht ausreichenden Radmechaniker-Fähigkeiten geärgert. Kurze Zeit später habe ich mich aber wieder dem Rennen zugewandt und die Athleten und Athletinnen, die vorbeikamen, angefeuert. Das Strahlen in ihren Gesichtern und einfach der Spaß am Sport, losgelöst von irgendwelchen Platzierungen oder Zeiten, erinnerten mich schnell wieder an das, warum ich so gerne Triathlonwettkämpfe mache. 

Noch am selben Abend bin ich in ein zweiwöchiges Trainingslager im französischen Morzine aufgebrochen und anstatt das Camp mit ein paar Tagen Erholung zu beginnen, konnte ich frisch getapert direkt einsteigen. Die erste Woche lief sehr gut, das Training macht großen Spaß und ich freue mich schon sehr auf das nächste Rennen, das auch schon bald ansteht – hoffentlich ohne Defekt.