Podium beim 70.3 Les Sables d'Olonne
Zum letzten Rennen der ersten Saisonhälfte sind Joel und ich an die Atlantikküste in Frankreich gefahren – nach Les Sables d’Olonne. Es war die Erstaustragung des Rennes, bei dem 2800 Athleten und Athletinnen starteten und vor dem Rennen herrschte eine besondere Atmosphäre. Viele Restaurants hatten Ironman Fahnen aufgestellt, Kellner trugen Ironman Shirts und die Einheimischen der Hafenstadt freuten sich auf das Rennen. Gleichzeitig war die Stimmung aber auch ernst und traurig, denn eine Woche zuvor sind bei einem Schiffsunglück drei Menschen aus Les Sables d’Olonne ums Leben gekommen.
Nach dem guten Rennen in Rapperswil und der Qualifikation für die WM konnte ich das Rennen entspannt angehen. Mein großes Ziel hatte ich bereits erreicht und alles was in Les Sables d’Olonne kommen sollte, war in meinen Augen der Bonus. Die Tage vor dem Rennen war ich entsprechend gelassen, vielleicht auch schon etwas zu gelassen.
Denn meine Gedanken schweiften auch immer mal wieder zum Urlaub ab. Da es eine lange Saison wird, haben mein Trainer Marco und ich entschieden die Woche nach Les Sables d’Olonne zu nutzen, um Körper und Kopf Zeit zur Erholung zu geben und die Akkus wieder aufzuladen. Ich habe gemerkt, wie anstrengend die Wettkämpfe und harte Trainings vor allem mental waren und so war die Luft seit Rapperswil ehrlich gesagt raus. Mich fürs Training zu motivieren fiel mir irgendwie schwer und das schlechte Wetter in Frankreich vor dem Rennen ließ meine Lust Radfahren zu gehen auch nicht gerade steigen. Zum Glück habe ich mit Marco einen Trainer, der dafür Verständnis zeigte und entsprechend das Training immer wieder abänderte und neu anpasste, so dass ich schlussendlich doch mit einem guten Gefühl und mit viel Vorfreude an der Startlinie stand.
Entgegen der meisten Rennen, die früh morgens starten, fand der Profi-Start der Männer erst um 10:15 Uhr statt. Die Frauen folgten 2 Minuten später. Der Rennmorgen verlief somit entspannt, unsere freundliche Air B&B Gastgeberin konnte mir noch viel Erfolg wünschen und ich mich in Ruhe aufwärmen. Nach einer Gedenkminute an die Verunglückten, ging es los und ich sprintete die 100m wie beim 800m Start ins Meer. Ein kurzer Seitenblick links und rechts und ich bemerkte, dass alle anderen wesentlich gemütlicher beziehungsweise der gesamten Renndauer angemessen losliefen. Kurz kam ich mir etwas dumm vor, aber dann dachte ich „was man hat, das hat man“. Schon nach wenigen Zügen hatte mich die französische Superschwimmerin Lèna Berthold-Moritz eingeholt und auch Jeanne Collogne folgte wenig später. Als dritte stieg ich aus dem Hafenbecken, dicht gefolgt von Kelly Fillnow und der späteren Siegerin Frankie Sanjana. Nach dem Rennen haben wir uns alle über unsere schlechten Schwimmzeiten gewundert, eine eindeutige Antwort habe ich auch ein paar Tage nach dem Rennen noch nicht. Alle Profis hatten verhältnismäßig schlechte Schwimmplatzierungen. Ich weiß, dass mein Schwimmen ausbaufähig ist, aber über die 89. Schwimmzeit habe ich mich doch sehr gewundert. Die zweite Männergruppe der Profis hatte sogar die 300. Schwimmzeit. Ein möglicher Grund könnte die kommende Flut gewesen sein, die spätere Starter stärker ins Hafenbecken trieb, als die Profis.
Nach einem zügigen Wechsel aufs Rad startete ich meine Verfolgungsjagd, nach 15km hatte ich Jeanne eingeholt und fuhr ab dann ein einsames Rennen bis mich ein paar männliche Altersklassenathleten überholten. Der Kurs in Les Sables d’Olonne ist wellig, es geht ständig leicht bergan oder bergab (600 Höhenmeter). Anfangs drückt man diese Wellen noch gut weg, mit zunehmender Renndauer und Müdigkeit wurde das immer mühsamer. Bei Kilometer 65 sah ich Lèna vor mir. Schnell war ich an ihr dran und fuhr vorbei.
Ich hatte mir vor dem Rennen zwar einige Szenarien vorgestellt und überlegt, wie ich mich verhalte. Daran, dass ich ein 70.3 Ironman Rennen anführen werde, hatte ich aber nicht gedacht. Es war total cool! Die letzten 20 Kilometer des etwas zu langen Radkurses (92km) vergingen schnell und die ersten Kilometer auf der Laufstrecke habe ich total genossen. Gefühlt die ganze Region war an die Strecke gekommen und feuerte mich lautstark an. So viele Zuschauer auf dem Rad- und dem Laufkurs habe ich bei noch keinem Rennen erlebt. Davon beflügelt schlug ich ein hohes Tempo an, dem ich auf der zweiten und dritten Runde leider Tribut zollen musste. Mein Vorsprung auf Frankie wurde immer kleiner und anfangs der letzten Runde hatte sie zu mir aufgeschlossen und ging vorbei. Die letzten Kilometer zogen sich nicht nur gefühlt ewig, sondern der letzte offizielle Kilometer war mit 1700m auch auf der Garmin zu lang. Erschöpft, sehr zufrieden und nur ein ganz kleines bisschen enttäuscht bog ich in den Zielkanal ein. Fünf Minuten nach mir beendete die Französin Jeanne Collonge das Rennen, für die der dritte Platz auch die WM-Quali bedeutete, über die sie sich mindestens genauso freute wie ich mich vor zwei Wochen in Rapperswil. Die Siegerehrung mit Sektdusche war auch ein Highlight, ich habe mich einfach gefreut und es genossen.
Ein paar Tage nach dem Rennen, freue ich mich immer noch sehr über meinen ersten Podiumsplatz, habe gleichzeitig aber auch ein paar Dinge gefunden, die ich beim nächsten Rennen unbedingt besser machen möchte. Denn irgendwann einmal ganz oben stehen, wäre schon sehr cool! Auch wenn das Nichts-Tun am Strand in der Sonne momentan zwar schön ist, freue ich mich auch wieder auf das Training daheim und dann auf den zweiten Wettkampfblock. Welche Rennen genau anstehen werden, habe ich noch nicht entschieden. Ich halte euch auf dem Laufenden.