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Nochmal Podium - Platz 2 beim Ironman 70.3 Zell am See

Mit einem guten (und hartem) Trainingsblock im Gepäck ging es am Donnerstagabend in Richtung Salzburger Land zum Ironman 70.3 Zell am See. Die Tage vor dem Rennen waren gut gefüllt mit Pressekonferenz, letzten Trainingseinheiten und Streckenbesichtigungen. Da es mein erster Start und auch mein erster Besuch in der Region war, wollte ich mir vor allem die Radstrecke gut anschauen. Untergekommen sind wir auf Einladung von Ironman im Tauern Spa Hotel in Kaprun, dessen leckere Küche und Spa-Bereiche ein bisschen Urlaubsgefühl versprühten. Neben dem normalen Prozedere vor einem Rennen, wie Registration, Einchecken usw. stand bei mir auch ein Handschuhkauf auf der To-Do-Liste. Zwar hatte ich Handschuhe nach Zell am See mitgenommen, aber nachdem ich die Wettervorhersage für den Renntag gesehen habe, beschloss ich in ein dickeres und wasserfestes Paar zu investieren. Vorhergesagt waren für den Rennsonntag Regen und Temperaturen um die 10 Grad. Da der höchste Punkt der Radstrecke gut 600 Höhnemeter oberhalb von Zell am See liegt, dort entsprechend kühlere Temperaturen anzunehmen waren und es eine schnelle und technisch anspruchsvolle Abfahrt hinuntergeht, drehten sich unsere Gespräche vor dem Rennen vor allem um die richtige Bekleidung auf dem Rad und um Strategien, wie man möglichst lange warm bleiben können wird. Schlussendlich entschloss ich mich für ein warmes Unterhemd unter dem Wettkampfeinteiler, sowie Armlinge, Handschuhe und Radüberschuhe für die zweite Disziplin. Nach einem viel zu kurzen Besuch am Dessertbuffet ging es schon ziemlich nervös ins Bett.  

Der Rennmorgen begann ungewöhnlich spät. Da unser Start erst um 11 Uhr geplant war, konnte ich mir am Morgen Zeit nehmen, ich machte einen kurzen Lauf zum Aufwachen und frühstückte gemütlich.  Kurz nach 9 Uhr zogen Joel und ich uns alle Schichten an, die wir hatten und fuhren zum Start. Noch ein letzter Check an den Bremsen, die uns am Vortag mal wieder Ärger bereitet hatte, das Rad im Regen einchecken und sich dann schnell ein trockenes Plätzchen suchen. Vor dem Start war ich ziemlich angespannt, ob das alles so hinhauen wird wie ich mir das vorgestellt habe und natürlich wollte ich auch mein Ziel für das Rennen erreichen: Platz 2 hinter Laura Philipp. Wer sich jetzt fragt, warum ich mir nicht den Sieg als Ziel vorgenommen habe, der sollte sich die lange Liste von Erfolgen von Laura durchlesen. Natürlich kann in einem Rennen viel passieren, vor allem unter solchen Bedingungen, aber an einem Tag ohne Pannen habe ich gegen Laura (noch) keine Chance. Mein Anspruch war jedoch, den Rückstand so klein wie möglich zu halten und mich im Kampf um Platz zwei durchzusetzen. 

Mit 19 Grad war das Schwimmen definitiv die wärmste Angelegenheit und ich war froh, als das Warten endlich ein Ende hatten und wir in den welligen See geschickt wurden. Ich hatte einen guten Start, allerdings musste ich drei Schwimmerinnen relativ schnell ziehen lassen. Ich heftete mich dann an die nächsten Füße, die ich finden konnte und schwamm in der zweiten Gruppe. Relativ schnell stellte ich fest, dass mir das Tempo ein bisschen zu langsam war und entschied mich, nach vorne zu gehen und die Tempoarbeit zu machen. Natürlich ist es kraftsparender im Wasserschatten zu schwimmen, aber ich wollte nicht, dass die Lücke nach vorne zu groß wird. Gegen Ende des Schwimmens wurde ich zwar von zwei Athletinnen wieder eingefangen, da sich der Rückstand auf die Spitze jedoch im Rahmen bewegte, geht das Schwimmen für mich so in Ordnung. Als ich auf dem Weg in die Wechselzone meinen Neo ausgezogen habe, fand ich es direkt ziemlich frisch. In der ersten Wechselzone habe ich leider auch etwas mehr Zeit verbracht als mir lieb war, denn ich hatte Mühe die Handschuhe über die nassen Hände anzuziehen und verlor deshalb Zeit und auch zwei Plätze. Für einen kurzen Moment habe ich noch überlegt, die Handschuhe in der Wechselzone zu lassen, später im Rennen war ich aber extrem dankbar, dass ich genau das nicht gemacht habe. 

der einzige trockene Fleck auf der Radstrecke

Auf dem Rad fuhr ich kontrolliert los und konnte mich nach circa 10km auf Platz drei vorarbeiten. Ich hatte die Hoffnung, dass mir durch die Anstrengung warm werden würde, aber das Gegenteil war der Fall: ich fror immer mehr und verlor schon nach wenigen Kilometern das Gefühl in meinen Zehen. Nach ungefähr 20 Kilometern ging es in den 13 Kilometer langen Anstieg und endlich hörte es auf zu regnen. Auch am Berg blieb ich innerhalb der Vorgaben meines Trainers Reto Brändli. Es war richtig schön, dass trotz des schlechten Wetters einige Zuschauer am Streckenrand standen, um uns anzufeuern und zu unterstützen. Kurz vor dem Gipfel, an einer langen und sehr steilen Geraden konnte ich vor mir eine vierköpfige Gruppe erkennen. Dieser kurze Sichtkontakt und somit ein neues Ziel vor Augen zu haben, tat sehr gut und gab neue Motivation. 

Nach dem Gipfel ging es in die technisch anspruchsvolle Abfahrt. Ich bin vorsichtig und ohne Risiko die nassen Straßen hinuntergefahren. Sicher unten angekommen habe ich dann richtig Gas gegeben und versucht die Gruppe vor mir einzuholen. Über die 15 Kilometer leicht abfallende und gut geteerte Strecke bin ich gefühlt geflogen. Es hat so viel Spaß gemacht und meine Aufholjagd endete erfolgreich. Bei Kilometer 50 war ich an der Gruppe, die aus drei Profimännern und der Estin Kaidi Kivioja bestand, dran. Da ich einen guten Rhythmus gefunden hatte, bin ich ohne lang zu überlegen an der Gruppe vorbeigefahren. An der Spitze wurde ich wenige Sekunden später jedoch wieder von einem Profimann überholt. Eigentlich könnte man denken, dass das praktisch ist, denn ich hätte mit weniger Watt hinterherfahren können und mir Kräfte fürs Laufen sparen. Aber ich möchte ehrlich um meine Platzierung kämpfen, keinen Vorteil gegenüber Konkurrentinnen haben und mich nicht hinter anderen Athleten verstecken, die nicht Teil meines Rennens – also dem Rennen der Profifrauen – sind. Die Männer sollen ihr Rennen machen und wir Frauen unseres. Entsprechend bin ich kurz drauf wieder vorbei, wurde aber wieder direkt wieder überholt. Ich habe mich währenddessen ziemlich geärgert, denn jedes Überholmanöver kostet viel Energie. Beim fünften Mal konnte ich mich schließlich durchsetzen und mein Tempo weiterfahren. Natürlich war mir bewusst, dass ich nicht nur drei Profimänner im Schlepptau habe, sondern auch Kaidi, die an den olympischen Spielen teilgenommen hatte und eine gute Läuferin ist. Auf den letzten 20 Kilometern, die mit vielen Kreisverkehren und Kurven technisch anspruchsvoll war, schaffte ich es, mir einen kleinen Vorsprung von 60 Sekunden herauszufahren und auf Platz zwei liegend in die Wechselzone zu kommen. Auch wenn zwischendurch die Sonne sich ein paar Mal blicken ließ und etwas Wärme spendete, waren meine Zehen auch am Ende der 90 Kilometern ohne Gespür. 

Erste Laufrunde
Zweite Laufrunde
Finish Line 🙂

Mit tauben Füßen vom Rad springen und in die Wechselzone zu rennen, ist ein sehr eigenartiges Gefühl. Gefühlt hätte ich auch umknicken können und es vermutlich nicht mal mitbekommen, so taub waren die Füße. Fürs Laufgefühl nicht gerade optimale Voraussetzungen, aber den anderen ging es ja ähnlich. 

Beim Laufen habe ich nie in einen guten Rhythmus gefunden: was in Rapperswil vor drei Wochen richtig gut funktioniert hat, nämlich dass ich immer besser ins Rollen gekommen bin, war in Zell am See wirklich mühsam. Die Strecke ist eigentlich richtig schön und abwechslungsreich, so richtig genießen konnte ich es aber erst auf den letzten drei Kilometern, als ich gemerkt habe, dass ich meinen zweiten Platz sicher halten kann und weder Kaidi noch Simone Kumhofer, die zwischendurch angeflogen kam, eine Gefahr darstellten.

 

Auch wenn ich mit dem gesamten Rennverlauf an sich zufrieden bin, bin ich ein kleines bisschen vom Laufen enttäuscht. In den Wochen zuvor hatte ich einige sehr gute Laufeinheiten und war voller Vorfreude auf die letzte Disziplin. Es war toll, gemeinsam mit Laura Philipp an der Startlinie zu stehen und noch viel cooler gemeinsam auf dem Podium zu sein. Jetzt heißt es kurz erholen, das Rennen zu analysieren und die Take Aways in den nächsten Einheiten zu berücksichtigen, bevor es dann schon bald zur WM nach St.George geht. 

 

Bilder: 

Titelbild + Radbild: Getty Images for Ironman

andere Bilder: Joel Reischmann