Platz 5 beim Pushing Limits Race
Schon Donnerstagabend ging es für Joel und mich los nach Ratingen. Um die lange Fahrt aufzuteilen, legten wir einen Stopp bei Joels Cousin ein und fuhren am Freitag Vormittag den zweiten Teil. Nachmittags waren wir dann endlich in Ratingen angekommen und beide erst einmal ziemlich erledigt. 30min Tour de France auf dem Hotelzimmer schauen/ schlafen später, ging es schon besser und ich machte noch ein kurzes Radtraining. Abends hatten wir uns mit Imo zum Pizzaessen verabredet. Im Laufe des Freitagabends sind auch die meisten anderen Athleten im Athletenhotel in Ratingen angekommen. Es war schön, dass wir alle an einem Fleck untergebracht worden waren, so hatte man auch abseits des Wettkampfgeschehens Zeit ein paar Takte miteinander zu sprechen. In den letzten beiden Jahren im Triathlon sind ein paar Freundschaften entstanden und am Wettkampftag selbst ist man doch meist mit sich beschäftigt.
Am Samstag war für mich Tag des Streckenchecks: nach dem Frühstück bin ich die Laufstrecke abgelaufen und am Nachmittag stand der gemeinsame Rad-Streckencheck auf dem Plan. Ich habe bisher noch nie an einer gemeinsamen Besichtigung teilgenommen und ich war ehrlich gesagt auch froh, als alle weider unfallfrei am Freibad angekommen waren. So im Pulk mit schnellen Zeitfahrrädern und ich als kleiner Tollpatsch habe ich mich nicht ganz so wohlgefühlt, da bin ich doch erleichtert, dass im Rennen ein genügend großer Abstand eingehalten werden muss. Der Triathlonverein Ratingen hatte auch organisiert, dass wir am Nachmittag das Freibad zum Training nutzen durften, so konnte ich in allen drei Disziplinen eine kleine Vorbelastung absolvieren. Insgesamt hat man gemerkt, dass dieses Rennen von ehemaligen Triathleten organisiert wurde, die genau wissen, welche Prozesse man am Tag vor dem Rennen durchläuft und an alles gedacht haben.
Nach dem Race Briefing wurden alle Athleten inklusive Betreuer zum gemeinsamen Abendessen im Hotel eingeladen. Auch das fand ich eine sehr schöne Idee und eine solche gelöste, fröhliche Stimmung unter den Profiathleten habe ich so noch bislang selten erlebt. Ich hatte das Gefühl alle freuten sich darauf Teil dieses Rennens zu sein. Keine Selbstverständlichkeit, übrigens. Leider haben die 40 Startplätze nicht ausgereicht, um alle Profitriathleten in Deutschland einzuladen. Ein Punkt, der auch auf Kritik gestoßen ist und beim nächsten Mal (mit hoffentlich etwas mehr Planungszeit für die Veranstalter) besser gelöst wird.
Am Sonntag war dann endlich Race-Day! Und kein normaler: ausschlafen, gemütliches Frühstück – eigentlich Fremdwörter für Triathleten. Da unser Start aber erst am Nachmittag war, konnte man geruhsam in den Tag starten. Ich bin eine kurze Runde Rad gefahren, um sicher zu gehen, dass alles funktioniert und habe danach mehr oder weniger entspannt gewartet bis 12:30 Uhr ist und es endlich los geht.
Nach meinen zwei kleineren Triathlonwettkämpfen in den letzten beiden Wochen war ich schon deutlich routinierter. Warm-Up, einchecken, umziehen und dann wurde das Männerrennen auch schon gestartet. Wir Frauen waren knapp 20min später an der Reihe. Immer zu zweit teilten wir uns eine Bahn, die Bahnverteilung wurde am Samstagabend ausgelost und ich durfte mit der späteren Siegerin Lisa Norden aus Schweden schwimmen. Also, wir teilten uns eine Bahn, von gemeinsam schwimmen kann nicht die Rede sein, denn Lisa war deutlich schneller. Vor zwei Wochen beim Tägi Tri war ich mit Nicola Spirig auf einer Bahn, die in London Gold gewonnen hatte, in Ratingen schwamm also die olympische Silbermedaille von London neben mir. Ich weiß nicht, wie oft ich den Schlusssprint in London zwischen Lisa und Nicola auf Youtube angeschaut habe und umso cooler fand ich es mit zwei so tollen Sportlerinnen mal einen Wettkampf zu bestreiten.
Das Schwimmen an sich lief ganz gut, ich wusste, dass ich vermutlich eher am Ende des Feldes das Becken verlassen werde und so habe ich mich nicht davon beirren lassen, dass um mich rum alle schneller waren. Nach 15:24min (immerhin 16 Sekunden schneller als vor zwei Wochen) war ich dann auch fertig mit meinen 10 Bahnen und lief in die Wechselzone.
Direkt nach der Wechselzone wartete schon die erste kleine Hürde: Kopfsteinpflaster. Einmal kurz durchgeschüttelt, hoffte ich, dass die Radflasche im Flaschenhalter bleibt. Dann kümmerte ich mich um meine Radschuhe. Als ich noch nicht mal in einem Schuh drin war, kam schon Lena Berlinger an mir vorbei gedüst und gemeinsam machten wir uns auf die Aufholjagd, mit 20m Abstand. Mein erster Eindruck auf dem Rad: „ohje – das fühlt sich echt nicht gut an“. Bemüht diesem Eindruck nicht zu viel Bedeutung beizumessen, ging ich Lenas schnelles Anfangstempo mit. Die ersten beiden Runden wechselten wir immer wieder mit der Führungsarbeit ab, in den letzten beiden Runden musste ich Lena dann etwas ziehen lassen. Der 10km lange Radkurs hatte es wirklich in sich. Ständiges Auf und Ab und drei Wendepunkte pro Runde machten es einem wirklich schwer, in einen Rhythmus zu finden und es kostete mich viel Energie zuversichtlich zu bleiben und nicht an die schweren Beine zu denken. Motivierend war aber zu sehen, wie Lena und ich nach und nach Plätze nach vorne gut machen konnten und auch, dass die Plätze 2 bis 4 nicht viel schneller fuhren als wir. In ihreren eignen Liga unterwegs war dagegen Lisa Norden, die in ein paar Tagen bei der Rad Weltmeisterschaft im Einzelzeitfahren am Start stehen wird.
Als 7. wechselte ich schließlich in die Laufschuhe. Die Laufbeine haben sich besser als die Radbeine angefühlt, aber mental war ich schon ganz schön platt. Immer wieder musste ich mich zwingen nicht gedanklich abzudriften, sondern konzentriert zu bleiben. Nach knapp einer von vier Runde konnte ich Lena und Carolin Lehrider überholen und mich somit auf Rang 5 vorarbeiten. Danach war ich etwas im Niemandsland: Platz 4 lag deutlich vor mir und meinen Vorsprung auf Platz 6 baute ich konstant aus. Nach 37:19min für die 10km kam ich dann als 5. Frau ins Ziel und konnte mir so den letzten Platz auf dem Podium sichern.
Wer meinen Zieleinlauf im Livestream verfolgt hat, hat vermutlich gesehen, dass ich nicht überglücklich im Ziel war und das war ich auch kurz nicht. Mit etwas Abstand bin ich aber stolz auf meine Leistung beim Pushing Limits Race, dass ich mich in einem so starken Feld behaupten kann auch ohne den absoluten Sahnetag zu haben, auf den ich insgeheim gehofft habe. Zu sehen, dass ich noch nicht an der Spitze dran bin, aber auch nicht mehr weit weg, ist für mich die größte Motivation für den nächsten Winter.